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Nach
dem Tode von Rama IV wurde dessen ältester Sohn, Prinz Chulalongkorn,
(den er Phaw Yai = big daddy nannte) am 1. Oktober
1868 zum König gekrönt. Damit begann eine Regentschaft von 42
Jahren und 23 Tagen, in denen der König durch seine großen Errungenschaften
für sein Land zum vielleicht meistverehrten der Chakri-Könige
geworden ist. Allerdings war er bei seiner Krönung noch zu jung,
so dass er in den ersten Jahren vertreten werden musste.
In seiner Kindheit lernte er innerhalb des königlichen Palastes
Thai bei den gleichen Lehrern lesen und schreiben, bei denen
er auch die königlichen Traditionen und die Palast-Etikette
lernte. Sein Vater erachtete es darüberhinaus als sehr wichtig,
ihm und seinen Geschwistern auch eine frühzeitige und umfassende
Ausbildung in Englisch zukommen zu lassen und engagierte eigens
dazu eine Lehrerin, Mrs. Anna Leonowens (er kümmerte sich
auch darum, dass andere seines Hofstaates und jeder, der es
wollte, Gelegenheit bekamen, Englisch zu lernen).
Im Alter von neun Jahren bekam er den königlichen Titel
Krommameun Piknes Surasunggat, mit 15 Kromma Khun Pinit
Prachanat, danach wurde er Mönch in einem buddhistischen
Kloster. Er war gerade 17, als sein Vater starb und ihm den
Thron vererbte, und damit zu jung zum regieren. Der Chief
Minister Chao Praya Srisuriyawongse wurde Regent und
regierte das Land etwa 4 Jahre lang an seiner Stelle.
In dieser Zeit nutzte der junge König die Gelegenheit, andere
Länder zu besuchen und dabei die westliche Zivilisation und
das Kolonialsystem zu studieren. Seine ersten Reisen gingen
nach Singapore und Java (jetzt Indonesien) in 1871, später
nach Indien. Das war insofern ein Novum, dass bisher kein
anderer thailändischer König sein Land je verlassen hatte
(mit einer Ausnahme: König Ramkamhaeng hatte während der Sukhothai-Periode
China besucht).
Bei seinen Reisen erkannte er, dass es notwendig war, viele
Dinge in Thailand zu ändern, um aus dem Zustand eines unterentwickelten
Landes mit westlichen Zivilisationen gleichzuziehen. Aber
er sah auch, dass althergebrachtes und verwurzeltes nicht
auf einmal auf den Kopf gestellt werden sollte, sondern als
Symbol der eigenen Kultur Thailands für immer in Ehren gehalten
werden musste.
Mit zwanzig Jahren ging er für 15 Tage noch einmal in ein
buddhistisches Kloster und war damit der erste König der Chakri-Dynastie,
der das tat, nachdem er den Thron bestiegen hatte.
Danach, am 16. November 1873, wurde er zum zweiten Male
inthronisiert und regierte fortan sein Land selbst.
Als König übte er eine aktive Politik der Modernisierung des
Landes aus und hatte eine Reihe von Europäern in seinen Diensten
zum Beaufsichtigen solcher Projekte wie dem Aufbau der ersten
Eisenbahn in Thailand. Er selbst machte zwei Besuche in Europa,
1897 und 1907, bei denen er die meisten Herrscher von Europa
kennenlernte. Freundschaftiche Bindungen zwischen den verschiedenen
europäischen königlichen Familien wurden aufgebaut, die bis
zum heutigen Tag existieren. So war er nicht nur der erste thailändische
König, der eine Auslandsreise unternahm, er schickte auch seine
Söhne, in Europa zu studieren. Sie besuchten die Schule in England
und gingen später für ihre militärische Ausbildung nach Dänemark,
Deutschland und Rußland. (In einem bemerkenswerten Brief schrieb
er ihnen nach Europa: “Der Grund, warum ich euch zum Studium
nach England und in andere europäische Staaten geschickt habe,
ist, dass ihr Wissen erwerben sollt. Solange ihr euch im Ausland
aufhaltet, habt ihr euch als gute Jungs zu benehmen, nicht daran
denkend, dass ihr Prinzen seid oder Söhne des Königs. Ihr habt
fleissige Jungs zu sein und eure Bemühungen ganz und gar dem
Studium zu widmen. Und seid vorsichtig, Fehler zu machen: wenn
ihr mir Grund gebt, werde ich euch bestrafen wie das einfache
Volk! Ich wache über eure Taten und euer Benehmen, da könnt
ihr sicher sein.”)
1871, gerade von seinem Staatsbesuch in Singapore und Java
zurückgekommen, schickte er eine Gruppe von augewählten und
examinierten Studenten zum Studium nach Singapore.Er beschloss
später, nicht nur Prinzen und Königskinder zum Auslandsstudium
zu schicken, sondern auch Bürgern dazu eine Chance zu geben.
Er gründete dafür ein königliches Schulungsprogramm, das es
fortan jedem Begabten ermöglichte, in England zu studieren.
Politisch kultivierte er erfolgreich die Idee, Thailand
als Pufferstaat zwischen den Kolonialmächten Europas in Südost-Asien
zu plazieren. Seine Auslandspolitik war in erster Linie, die
Unabhängigkeit Thailands zu bewahren. Dafür musste er Gebiete
von insgesamt etwa 120.000 qkm opfern, die im Süden an England
und im Norden und Nordosten an Frankreich fielen.
Das war der Preis, den er dafür zu zahlen hatte, dass er es
schaffte, Thailand als einziges Land der Region vor der Kolonialisierung
zu retten. All seine Unternehmungen zeigten darüberhinaus
deutlich, dass er das Land unter demokratischen Verhältnissen
regierte, auch wenn er ein absoluter Monarch war.
Er starb am 23. Oktober 1910. Sein Todestag (Won Piya
Maharaj = der Tag des geliebten großen Königs) ist heute
gesetzlicher Feiertag. Jedes Jahr schmücken Tausende von Thai
aller gesellschaftlichen Schichten sein Reiterstandbild vor
der National Assembly Hall beim Dusit Zoo in Bangkok mit Blumen.
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